Kohlbrat & Bunz:
"Innovation ist etwas Lebendiges"
Kohlbrat & Bunz hat 1930 als Einmann-Unternehmen des Vaters von Rosa Bunz gestartet. Viele Jahre verkaufte das Unternehmen Geräte für die Land- und Forstwirtschaft bis man zu Eigenentwicklungen überging. Heute hat Kohlbrat & Bunz fünfzehn Mitarbeiter/innen und entwickelt innovative Produkte für den Rettungs- und Militärbereich. Die Geschäftsführer Rosa Bunz und Haakan Rugfelt sprechen über die Bedeutung von Innovation für ihr Unternehmen und die Art, wie sie Neuentwicklungen angehen.
Kohlbrat & Bunz hat als Handelsunternehmen in der Land- und Forstwirtschaft gestartet. Wann und warum hat man angefangen eigene Produkte zu entwickeln?
Bunz: In den 70er Jahren haben wir einen Multiwerkzeuggriff für Motorsägen entwickelt, das war unser erstes eigenes Produkt, für das wir mit dem österreichischen Innovationspreis ausgezeichnet wurden. Ein großer Erfolg war kurz darauf auch unsere tragbare Seilwinde mit Motorsägenantrieb, die im Forst- und im Rettungsbereich eingesetzt wurde.
Wir haben eigene Produkte zur Absicherung entwickelt, damit wir unabhängig von anderen Herstellern sind. Im Nachhinein betrachtet würde unsere Firma ohne diese auch nicht mehr bestehen. Als der Markt weitgehend mit den verkauften Produkten gesättigt war, ging es ja mehr um Services wie Wartung, mit denen man Geschäft machen konnte. Und dieses Geschäft holten sich die Hersteller mehr und mehr zurück.
Innovation war und ist also sehr bedeutend?
Bunz: Innovation ist lebenserhaltend für einen Betrieb, vor allem für einen kleinen Betrieb wie uns! Man muss draußen sein und sich dem Markt anpassen. Für mich ist Innovation etwas lebendiges, ich habe Freude daran.
Rugfelt: Es dauert eine gewisse Zeit, bis andere etwas kopiert haben. Wenn es soweit ist, muss man bereits mit dem neuen Produkt draußen sein, man muss schneller sein als die anderen.
Wie geht man bei Kohlbrat und Bunz an Innovation heran?
Bunz: Wer hat schon eine ganz und gar eigene Idee? Man braucht Ansatzpunkte! Wenn ich ein Produkt vor mir habe und sehe, dass es Fehler hat und nicht richtig funktioniert möchte ich es verbessern. Das ist für mich das Wesen der Innovation. Ein Beispiel dafür ist unsere Vakuum-Matratze. Auf eine solche Matratze legt man Verletzte. Durch die Absaugung der Luft wird die Matratze hart und hält den Verletzten in genau der richtigen Liegeposition. Bestehende Vakuum-Matratzen gab es, sie waren aber nicht funktionell genug. Und wir haben gesehen woran das lag.
Rugfelt: Sie waren wie ein großer Sack, der mit dem Granulat gefüllt war, das die Matratzenunterlage bildete. Wenn man sie angehoben hat, ist die Granulat-Füllung verrutscht. Man musste dann den Inhalt gut verteilen bevor man die Luft absaugt, es war also sehr schwierig zu handhaben für den Retter. Wir haben dann ein Kammersystem entwickelt, durch das das Granulat gut verteilt wird und die Matratze sofort einsetzbar ist. Wir waren dadurch die ersten, die wirklich eine gute Matratze hergestellt haben. Das hat sich herumgesprochen und wir haben relativ schnell ein Netz im Ausland aufbauen können und der Umsatz ist gestiegen. Aus diesem einen Produkt sind durch verschiedene Maße und Ausführungen viele weitere Produkte geworden. Das Patent für das Kammersystem ist immer noch aufrecht.
Welche Rolle spielen die Kunden bei Innovation?
Bunz: Eine große Rolle. Sie sind es oft, die mit Anforderungen an uns herantreten. Unsere UT (Anm. Universal Transport und Rettungssystem) wurde aufgrund einer Anfrage des Bundesheers entwickelt. Da die Stückzahl zu gering war, damit sich die Entwicklung für uns auszahlt, standen uns zwei Möglichkeiten offen: Das Bundesheer zahlt die Entwicklung und hat die Verfügung über das Produkt. Oder wir entwickeln das Produkt und das Heer stellt uns eine Arbeitsgruppe bestehend aus verschiedenen Abteilungen sowie die Erprobung zur Verfügung. Letztere Option haben wir genommen.
Rugfelt: Hier hatten wir auch ein wenig Glück: Das Ausgangsprodukt ist eigentlich eine Entwicklung eines US Amerikaners. Es ist das meist verwendete Rettungsgerät in den USA. Aber es gab Mängel und keine Weiterentwicklung. Die Bundeswehr hat das Gerät getestet und hätte das Produkt ohne diese Mängel genommen. Die Amerikaner haben da allerdings zwei Jahre lang nicht wirklich reagiert, deshalb hat man uns mit der Entwicklung beauftragt. Heute ist die UT Trage auch komplett für den zivilen Bereich verwendbar.
Innovation und Erfolg sind also auch Glück oder Zufall?
Bunz: Für mich ist es am Anfang intensive Arbeit, man muss sich selbst die Grundlage schaffen. Fachleuten kann man nichts vormachen. Durch Vertrauensaufbau – ebenfalls Arbeit – kann man später durchaus das Glück haben, durch den richtigen Kontakt zu Aufträgen zu kommen.
Rugfelt: Ein Tropfen Glück ist natürlich nicht schlecht. Zufall gibt es auch. Aber das wichtigste ist harte Arbeit. Man muss fast ein wenig Fanatiker sein.
Welche Kompetenzen haben Sie im Haus, um die Ideen der Kunden umzusetzen?
Bunz: Wir haben zwei Entwickler im Haus. Denn die Entwicklung ist bei uns das Um und Auf und passiert auch komplett im Haus. Außerdem ziehen wir qualifizierte Anwender zurate. Ein Beispiel ist das aktuelle Operationssystem. Bei diesem System geht es darum, dass Patienten unbeweglich und sicher während der Operation liegen. Qualifizierte Anwender, wie in diesem Fall Ärzte, müssen hier einbezogen werden. Denn man kann sich zu Tode entwickeln – irgendwann muss es einen Stopp geben, wo man das Ganze auch abschließt.
Wer entscheidet diesen Stopp bei Ihnen?
Bunz: Wir Geschäftsführer und die Entwickler gemeinsam entscheiden das.
Sie haben nochmal die Zusammenarbeit mit den Kunden bzw. Anwendern betont. Geht es hier um Vertrauen?
Rugfelt: Ja, die Vertrauensbasis ist sehr wichtig. Dafür setzen wir uns schon mal für eine mehrstündige Fahrt ins Auto. Um das Vertrauen herzustellen. Der Kontakt mit den Anwendern ist das wichtigste überhaupt, was hat er für Bedürfnisse, was ist ein Problem, was ist keins.
Dasselbe gilt für das Produkt: Es muss perfekt rausgehen. Wenn es das nicht tut, muss es so schnell wie möglich zurückgeholt werden. Kulanz ist dafür auch wirklich wichtig.
Bunz: Wir sagen nicht, dass jemand unrecht hat. Wir sind absolut kulant und lassen uns auch das Produkt, zu dem es Beschwerden gibt, zuschicken. Man findet immer etwas, bei dem der Kunde Recht hat. Die Kulanzleistungen haben ebenfalls eine Wirkung auf Vertrauen. Deshalb kommen Kunden auch immer wieder zu uns.