Linsinger ZT GmbH: Moderne Techniken für altes Kulturgut
Mit 30 Mitarbeitern ist das auf Kulturgüter spezialisierte Vermessungsbüro Linsinger ZT eines der größten Österreichs. Sämtliche wichtige Kathedralen Europas wurden von ihm vermessen. Was simpel klingt, birgt jede Menge Innovation in sich. Geschäftsführer Stefan Linsinger sprach mit uns über Schadensanalysen, technische Herausforderungen und die Mitarbeitersuche im Pongau.
Wieso kommen Kunden zu Ihnen?
Fast alle kommen wegen anstehender Baumaßnahmen, für die sie die Grundlagen brauchen. Analysen über Schadstellen sind wichtig für Kirchen, Brücken, Steinmauern, Kathedralen – alles was historisch ist. Auch bei neuen Gebäuden, wo es Bauschäden gibt, wäre das einsetzbar. Wir haben ein breites Betätigungsfeld, konzentrieren uns aber auf die Kulturgutvermessung.
Wie funktioniert die Vermessung heutzutage?
Wir setzen 3D-Scanner und Drohnen ein, um hochauflösende Bilder zu erhalten. Daraus entstehen 3D-Modelle auf deren Grundlage wir Pläne zeichnen können – also Grundrisse, Schnitte und Ansichten. Architekten erhalten interaktive Modelle, in die sie gleich reinarbeiten können. So lassen sich zum Beispiel einzelne Dachplatten oder sogar Stockwerke einfach abnehmen.
Sie haben kürzlich den WIKARUS - den Wirtschaftspreis für Innovation - erhalten. Was ist die Innovation?
3D-Scanner und Drohnen gibt es am Markt zu kaufen, das ist Stand der Technik. Was wir neu entwickelt haben, ist ein Verfahren, wie wir die Daten aus Drohnen- und Scanneraufnahmen zusammenfügen und dabei millimetergenaue Modelle erhalten. Bauherren wollten aber noch mehr: Von Kathedralen haben wir auch Fassadenpläne gemacht, man konnte aber nicht erkennen, welche Probleme es an der Fassade gab. Wo fallen Steine runter und wo sind Ausbrüche zum Beispiel. Also haben wir uns auch darum gekümmert und einen Algorithmus programmiert, der uns feststellen lässt, wo Risse oder Bewegungen drin sind.
Wie funktioniert das?
Wir brauchen mindestens zwei Befliegungen. Das machen wir ungefähr im Jahresabstand, aber bei verschiedenen Temperaturen. Das benötigen wir auch, um die Aufnahmen zu kalibrieren. Denn das ganze Gebäude bewegt sich und diese Gesamtbewegung wird mit der Kalibrierung ausgeschlossen. Die verschiedenen Aufnahmen können wir sozusagen übereinanderlegen. Dank überlappenden Bildern erkennen wir Bewegungen am Objekt. Das Verfahren haben wir so weit entwickelt, dass wir auf den Millimeter genau sagen können, wo sich welcher Stein wie bewegt. Wir nennen das Deformationsanalyse.
Sind Kundenwünsche Auslöser für Innovation bei Linsinger?
Ja, meistens entwickelt sich die Idee aus den Gesprächen mit Kunden. Man übergibt Pläne und bespricht, was man noch brauchen könnte.
Konnten Sie das alleine umsetzen oder haben Sie Externe herangezogen?
Wir arbeiten bei solchen Entwicklungen immer mit Forschungseinrichtungen zusammen. Wir möchten etwas, das es so nicht gibt und die Forschungseinrichtung erledigt das für uns.
Klingt einfach.
Als Unternehmer ist man natürlich anders getrieben, als es in den Forschungseinrichtungen der Fall ist. Die Ansprüche decken sich nicht immer. Das ist zwar eine Herausforderung, aber die Ergebnisse stimmen dann.
Was braucht es noch für Innovation?
Die Vermessungstechnik entwickelt sich so rasant, dass man auch richtig viel investieren muss, um vorne dabei zu sein. Das macht die Branche spannend. Die Geräte kosten im Schnitt zwischen 30.000 und 50.000 Euro und sind jedes Jahr um das Doppelte besser. Wir haben auch sehr leistungsstarke PCs – die brauchen wir, um die Datenmengen zu verarbeiten. Für ein Modell müssen wir oft 30.000 Fotos zu je 200 Megabyte miteinander verrechnen. Für das letzte Projekt konnten wir mit Unterstützung der ITG eine große AWS-Förderung holen, das federt schon einiges ab. Neben dem Geld braucht es noch einen Treiber, das bin ich. Und natürlich die innovativen Mitarbeiter.
Welche Rolle spielen die Mitarbeiter bei Innovationen?
Sie sind das Wichtigste in meiner Firma. Wir sind eine Dienstleistungsfirma, die zwar absolut Hightech ist, aber der Kernwert sind die Mitarbeiter. Nicht ein oder zwei, sondern ein Riesenteam, das mich als Chef unterstützt – auch wenn Innovation Ressourcen bindet, die woanders fehlen. Wir sind mit unseren Aufträgen auf ein Jahr ausgebucht, das heißt, diese Ressourcen abzuzweigen, ist eine große Herausforderung. So ein Preis bestätigt mich und unser Team dann im Tun.
Ihr Firmensitz ist St. Johann im Pongau – finden Sie hier einfach Mitarbeiter?
Dass wir Fachmitarbeiter finden, ist ausgeschlossen, es gibt keinen Diplomingenieur für Vermessung. Vermessung scheint leider auch bei HTLern nicht so interessant zu sein, obwohl wir in der ganzen Welt unterwegs sind und mit der neuesten Technik arbeiten. Wir lernen also die Leute, die wir brauchen, selbst an – auch wenn sie totale Quereinsteiger sind. Wir haben einen Maler aufgenommen, der nach einem Unfall nicht mehr arbeiten konnte, oder auch eine ehemalige Kellnerin. Wir bilden die Mitarbeiter selbst aus, auch wenn sie null Vorwissen haben. Sie machen bei uns die Lehre, dafür gibt es auch Umschulungsförderungen. Damit ist den Leuten, uns und der Region geholfen.
(Fotos: Linsinger ZT GmbH)